Die von euch, die bereits den ersten Reiseteil gelesen haben, wissen schon, dass wir Mittwoch Abend auf der Nachtfähre von Neapel nach Palermo einschiffen.
Gebucht habe ich eine 4-Bett-Kabine mit „Meerblick“ (mit GNV für 112€). Wir sind positiv überrascht, wie sauber alles ist und dass es an Board tatsächlich mehrere Verpflegungsmöglichkeiten gibt. Die Kinder sind restlos begeistert, belegen sofort die oberen Etagen der Betten und sind furchtbar aufgeregt und überdreht #abenteuerpur.
Zum Ablegen gehen wir auf das Außendeck, genießen den Blick über Neapel und beobachten die Möwen die sich in unserem Fahrtwind treiben lassen und sich scheinbar von uns verabschieden.
Die Überfahrt dauert 10h Stunden, die See ist ruhig, wirklich leise ist es dennoch nicht (das leise Dröhnen des Motors begleitet uns durch die Nacht). Morgens um halb 7 legen wir in Palermo an, während hinter uns langsam die Sonne aufgeht.
PALERMO
PALERMO empfängt uns überaus freundlich: die netten Männer der Hafenwacht tragen uns sogar unsere Koffer vom Schiff (in Neapel zeigte man uns nicht mal den Aufzug und wir mußten die drei schweren Koffer mehrere Etagen hochschleppen) und möchten nicht mal Trinkgeld dafür nehmen; eine italienische Familie teilt das einzige Taxi mit uns und die nette Dame vom Hotel empfängt uns supernett und bietet uns Frühstück an, obwohl eigentlich erst ab Mittags eingecheckt werden kann. Unsere Unterkunft Il Principe Di Granatelli liegt sehr zentral, alles ist fußläufig zu erreichen und unser Familienzimmer mit einem Doppel- und zwei Einzelbetten ist für den Preis von unglaublichen 72 € nicht zu toppen.
Leider haben Lola und ich uns auf Capri ziemlich erkältet – daher sind wir gezwungen, morgens erstmal einen Kinderarzt aufzusuchen. Netterweise macht die Dame von der Rezeption gleich einen Termin für uns bei einer befreundeten Kinderärztin um die Ecke.
Da es uns Mädels nicht wirklich gut geht, wir aber trotzdem etwas von Palermo sehen möchten, entscheiden wir uns für den Hop On-Hop Off Bus (Familienticket 50€). Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir die zwei Linien ab und lassen uns ganz tourimäßig mit Kopfhörern etwas über die Stadt erzählen. Dabei bekommen wir einen ersten Eindruck von dieser wirklich tollen Stadt: morbider Zerfall trifft auf mit Liebe zum Detail renovierte Prachtbauten, neue architektonische Gebäude auf Straßenmärkte…ich verliebe mich auf Anhieb in diese tolle mediterrane Stadt, in der das Leben pulsiert!
Den Rest des Nachmittags müssen Lola und ich leider im Bett verbringen, die Jungs erkunden jedoch noch ein bisschen die Stadt: gehen zum Barbier – ein Hobby vom Herzmann, in jeder fernen Stadt zu einem klassischen Barbier zu gehen, spielen Fußball auf der Piazza und beobachten das Treiben im Viertel um unser Hotel.
Palermo ist bekannt für seine Straßenmärkte, die wir bereits am Vortag aus dem Bus heraus vielerorts entdecken konnten. Daher besuchen wir am nächsten Morgen den „Mercato il Capo“ (im Capo-Viertel). Ein Straßenmarkt in einer engen Gasse, in der sich links und rechts Obst-, Gemüse- und Fischstände dicht an dich aneinanderreihen. Sehr authentisch und beeindruckend. Auch wir decken uns mit eingelegten Oliven, frischem Obst und einer 1m langen sizilianischen Zucchini ein (die allerdings nicht wirklich schmeckt #fail).
Für unser Mittagessen haben wir das Restaurant „Il Mirto e la Rosa“ ausgewählt, weil es auf der sogenannten „AddioPizzo Liste“ steht. Schätzungen zufolge zahlen 70-80% aller Unternehmen auf Sizilien Schutzgeld an die Mafia. Seit 2004 haben sich einige mutige Geschäfte in der Antimafia-Bewegung „AddioPizzo“ zusammengeschlossen (addio = auf Wiedersehen, pizzo = Schutzgeld) und bekennen öffentlich, sich gegen die Erpressung seitens der Cosa Nostra zu wehren. Das unterstützen wir natürlich gerne, vor allem wenn das Essen so gut ist.
Im Anschluss nehmen wir bei Sicily by Car unser Mietwagen in Empfang, welcher uns von nun an bis nach Neapel begleiten wird (ca. 400 € inklusive aller Versicherungen und Einweggebühr) und machen uns auf den Weg nach Marsala.
Wer übrigens gerne mal ohne Regeln Auto fahren will, dem empfehle ich Autofahren in Palermo und Sizilien generell. An Regeln wird sich grundsätzlich nicht gehalten, wer zuerst kommt, fährt zuerst – oder halt wer mehr Mut hat…haha. Mir persönlich macht es total viel Spaß, wer allerdings ein eher ängstlicher oder vorsichtiger Autofahrer ist, wird hier weniger amüsiert sein.
MARSALA
Marsala selber ist eine kleine Hafenstadt im Westen Siziliens (nur 140km von Tunesien entfernt) welche hauptsächlich für seinen gleichnamigen Likörwein bekannt ist, der hier seine Herkunft hat. Ich habe diesen Stop aufgrund der vorgelagerten Salinen ausgewählt, deren Fotos mir auf Reiseblogs, die ich vorher gelesen habe, sehr gut gefallen haben #instagramopfer.
Die Innenstadt selber ist ganz niedlich, würden wir jedoch nicht noch einmal besuchen. Auch die Vororte wirken auf uns seltsam und etwas einschüchternd: flache Häuser links und rechts entlang den Hauptstraßen, alles verriegelt und verrammelt, nicht mal ein Fenster offen, keine Menschenseele ist hier zu sehen – nur abends wenn die Menschen mit ihren Autos ihre Einkäufe erledigen kommt Bewegung in die Orte, ansonsten scheint es, als gäbe es hier kein Leben (bis auf den obligatorischen Wachhund)…fehlen nur die Heuballen, die über die Straße rollen.
Unsere Unterkunft hingegen ist eine kleine Oase der Ruhe. Das Oasi delle Succulente liegt inmitten eines fantastischen Kakteen- und Palmengartens, die Vermieter sind überaus gastfreundlich und wir haben ein kleines Apartment, welches ich nicht nur aufgrund der positiven Bewertungen sondern auch wegen der Waschmaschine ausgesucht habe…haha. Da wir mit „nur“ drei Koffern reisen – was auch schon zu viel ist, wenn man oft die Unterkunft wechselt – muss nach knapp der Hälfte der Reise einmal alles durchgewaschen werden 😉 #hausfrauundmutter #machtauchimurlaubkeinepause
Die Salinen besuchen wir natürlich auch und nehmen einen Sundowner in der Bar Mamma Caura, während die untergehende Sonne die Salzfelder und die Mühlen in ein rosanes Licht taucht.
Nach zwei entspannten Tagen geht es für uns weiter und wer mir auf Instagram folgt, weiß, dass uns diese Etappe mehr als enttäuscht hat: Da wir zur Ostküste wollen und Sizilien einmal durchqueren müssen, planen wir die Küste entlang zu fahren, bevor wir genau in der Mitte Siziliens (in Caltanissetta) unser Nachtlager aufschlagen wollen.
Zu verlockend sahen all die Orte auf dem Weg aus und auch die Reiseführer fanden viele gute Worte…wir dachten ehrlich schon, dass uns dieser eine Tage entlang der Küste nicht reichen würde.
Die Fahrt nach Selinunt, eine antike griechische Stadt mit Akropolis und griechischem Tempel (6€ pro Person, Kinder umsonst), zeugt schon von trostlosen, leergefegten Orten, überall liegt Müll und tote Tiere am Straßenrand…und auch die Weiterfahrt ist nicht besser: die als kleine Fischerorte angepriesenen Orte wie z.B. Sciacca und Porto Empedocle bei Agrigento sind voller dreckiger Ecken und mit absoluter Lieblosigkeit erbaut. Es mag sein, dass diese Orte im Sommer bei Hitze zu mehr Leben erwachen, dennoch bin ich der Meinung, dass Orte, die außerhalb des Sommers so heruntergekommen, verdreckt und ohne einen Funken Charme sind, auch im Sommer nicht zu innerer Schönheit gelangen können…
Wir steigen nirgends mehr aus und kommen bereits nachmittags in Caltanissetta an. Auch hier können wir leider nichts Positives berichten: die Stadt ist zwar süß und abends findet eine nette Osterprozession statt, aber uns schlagen absolute Ablehnung und Verachtung entgegen. Wir sind die einzigen Touristen im Ort, Lola und ich die einzigen blonden Menschen hier…wir werden von oben bis unten abgecheckt, ernten komische Blicke und fühlen uns dermaßen unwohl, dass wir uns Pizza mit in unser Hotel nehmen und dieses nicht mehr verlassen.
In die Kategorie „Pleiten, Pech und Pannen“ fallen dieses Mal die Einkaufsmöglichkeiten in diesem Ort. Neben unserem Hotel hat die Apotheke eine Art Nachtkaufautomaten aufgestellt, indem es neben einer gigantischen Auswahl an Kondomen lediglich Einwegspritzen zu erwerben gibt #wtf #werbrauchtnachtseinwegspritzen? Und auch am nächsten Morgen müssen wir lachen, als wir bei den hiesigen Straßenverkäufern riesige Bolzenschneider zum Kauf entdecken…Kondome, Einwegspritzen und Bolzenschneider…na das klingt doch nach einer beruhigenden Mischung 🙂
Später unterhalten wir uns mit einer Einheimischen in Taormina, welche uns erklärt, dass Caltanissetta und das Landesinnere nicht gerade für Gastfreundlichkeit bekannt sind, die Menschen dort sehr engstirnig leben und Fremden gegenüber nicht aufgeschlossen sind. Ausnahmen mögen die Regel bestätigen, wir haben jedoch keine gute Erfahrung gemacht, uns dort mehr als unwohl gefühlt und würden weder den Südwesten noch das Landesinnere Siziliens noch einmal besuchen.
Am nächsten Morgen geht es weiter und wir fahren durch die grüne, hügelige Landschaft Innersiziliens, vorbei an Schafherden und Orangenplantagen mit wunderbar klarem Blick auf den Ätna, der schneebedeckt vor sich hin raucht.
Unser nächster Stop wird uns wieder mit Sizilien versöhnen: TAORMINA wir kommen.
Aber dazu beim nächsten Mal mehr 🙂
Eure Nine ♥